Störfall bei der Festrede war Theater

Einweihung Junge Theaterakademie
Joana Günther, Einweihung der Probebühne der jungen Theaterakademie am Grimmelshausen-Gymnasium Foto: Burgmaier Ralf

Mit junger Schauspielkunst ist die Probebühne der Jungen Theaterakademie am Grimmelshausen-Gymnasium eingeweiht worden.

Badische Zeitung 3.Juli 2013

OFFENBURG. Mit Lobpreisungen der Wirkung des Theaters auf die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen ist die Probebühne der Jungen Theaterakademie am Grimmelshausen-Gymnasium eingeweiht worden. Der ehemalige Kapitelsaal des alten Kapuzinerklosters ist für Ausbildung und Praxis des Theaterspiels in Offenburg mit ausgefeilter Bühnentechnik ausgestattet worden. Davon konnten sich die Gäste des Festakts mit Kostproben der Schauspielkunst von Schülern überzeugen.

Vom Nervenkitzel, den das Theater erzeugt, war öfter die Rede in einem Film, der über die neue Beamer-Anlage in den Bühnengrund projiziert wurde. Darin erzählten Schüler von ihren Erfahrungen mit dem Theaterspielen. Nach der Theorie die Praxis: Hautnah spürbar wurde der Nervenkitzel für die Festgäste während der Laudatio Peter Rauls’ vom Regierungspräsidium (RP), als die Tür mit Getöse aufgestoßen wurde und ein pöbelnder, scheinbar ungebetener Gast hereintorkelte und den Festakt aufzumischen drohte. Nach einer Schrecksekunde und dem Blick auf den Programmzettel gab sich der Störfall als Lukas Rieder zu erkennen, Abiturient des Jahrgangs 2012 und eines der Schauspieltalente unter den Schülern des Grimmelshausen-Gymnasiums. Peter Rauls ließ sich – offensichtlich eingeweiht – von den Pöbeleien nicht aus dem Konzept bringen und sicherte dem Projekt Junge Theaterakademie die Unterstützung der Schulbehörde zu. Schule und Theater seien keine Gegensätze. Er brach emphatisch eine Lanze für das Theater als eine moralisch-pädagogische Anstalt.

Zu Beginn hatte die Grundschüler-Clownstruppe der Weingartenschule Zell-Weierbach in ihrer Pantomime auf witzige Weise Namensschilder hervorgezaubert, um allen zu danken, die Geburtshelfer des Projekts waren: Kulturbürgermeister Christoph Jopen, Klaus Keller von der Stadtverwaltung, Edgar Common vom Kulturbüro, Walter Glunk von der VHS, Peter Rauls vom RP, der Kunstschule, „allen Bauarbeitern/innen“, Marianne Jöllenbeck, als stellvertretenden Leiterin des Grimmelshausen-Gymnasiums und der St. Andreas-Stiftung.

Marianne Jöllenbeck freute sich in ihrem Grußwort, dass mit der Probebühne im zum Gymnasium gehörenden alten Kapuzinerkloster nun ein kleines Kulturzentrum entstanden sei, mit der Mediathek im Obergeschoss, dem als Open-Air-Konzertarena beliebten Kreuzgang und nun der Probebühne, die auch als Kammertheatersaal Verwendung finden kann.

Edgar Common sprach in Vertretung von Bürgermeister Jopen, der sich wegen der Beerdigung von Georg Dietrich entschuldigen ließ. Er erinnerte daran, dass das Theater im Gewölbe (ThiG), dessen Mitbegründer Common vor 35 Jahren war, nach all dieser Zeit nun endlich ein festes Dach über dem Kopf gefunden habe. Auch für die Schultheatertage, die Joachim und Christine Prasser vor 20 Jahren aus der Taufe gehoben haben, sei nun zusätzliche Infrastruktur vorhanden.

Nach einer weiteren eindrucksvollen Soloperformance der ehemaligen Grimmelsschülerin Joana Günther erläuterten „Mutter und Vater“ des Projekts, ThiG-Regisseurin Annette Müller und Grimmelslehrer Paul Barone, das schularten- und generationenübergreifende Konzept der Probebühne, die unter anderem auch dem Grimmelshausen-Gymnasium ein besonderes Schulprofil verschafft. Annette Müller erzählte von einer Hauptschülerin, die in ihrer Inszenierung von „Romeo und Julia“ mitwirkte und sich jetzt bis zum Studium durchqualifiziert habe. „Durch das Theater hat sie erst erfahren, was für tolle Berufe es überhaupt gibt.“ Theater verschaffe Schülern seltene Begegnungen, wenn sie sich wie Lukas Rieder und Joana Günther in Randexistenzen oder Extremsituationen versetzten, führte Paul Barone aus. Im Sinne Schillers helfe Kunst den Heranwachsenden so, dem Leben eine Gestalt zu geben – und sei es die Gestalt eines Tisches: In dieses Möbelstück fantasierte sich anschließend Julius Windisch, Schüler des Schiller-Gymnasiums, mit einer Szene aus Annette Müllers Stück „Kauf die glücklich!“ vor den begeistert applaudierenden Festgästen.

von Ralf Burgmeier

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