Das Theater im Gewölbe offenbart imposanten Überlebenswillen
Badische Zeitung vom 27. November 2009OFFENBURG. Zwölf Darsteller spielen sieben Szenen von Hamlet bis heute, durch eine Rahmenhandlung locker miteinander verbunden. Das Theater – in diesem Fall der Salmen – wird zum imaginären Kaufhaus, in dem Schicksale, Wünsche, Begierden und Verzweiflungen feil
geboten werden, Schnäppchen inklusive.
Eine Verkaufsdirektrice führt mit zupackender Art die Kollektion vor. Das „Theater im Gewölbe“
als ältestes Offenburger Amateurtheater lässt bei seinem aktuellen Stück „Play“ das Publikum
flanieren, von Abteilung zu Abteilung. Im Foyer gibt es Gefühle zu kaufen. Oder auch nur Sex. Der
Kunde bestimmt. Das Management steht an der Kasse.
Eine Dame in aufreizendem Rot mit passendem Paris-Akzent, verspricht dem Kunden eine Portion
Leidenschaft. Doch der sucht anderes: Die Beziehung die ewig dauert. Und er schildert, was er sich vorstellt: „Wir beide, in unserem Häuschen am Meer. Du liegst nackt auf dem Bett, ich betrachte dich, deine Falten. Denn wir sind alt geworden. Und ich vertiefe mich in deine Falten . . . “ Die Antwort der Dame kommt prompt: „Sie sind ja pervers.“ Und dann kippt die Situation doch. Die Dame in Rot schmilzt, berückt von so viel Romantik, und gibt sich hin. Doch dann das Danach: Er geht, kann leider nicht bleiben, Termine, er ruft gelegentlich an, tschüss.
Dieser ironische Schluss wird überhöht durch die Direktrice: „Kaufen und gekauft werden. Qualität
ist auf Augenhöhe, unten die Bückware.“ Durch das Haus und wieder zurück ins Foyer geht die
Reise. Oben im Saal wird nicht nur die Bühne bespielt. Ein besonders guter Einfall und auch
besonders gelungen ist die Szene im verglasten Treppenaufgang.
Etliche der bekannten und bewährten ThiG-Mitglieder sind dabei, dazu neue alte Gesichter, wie
Gereon Niekamp, der nach mehr als zwei Jahrzehnten wieder einmal mitspielt – und sich als
ausgezeichneter Darsteller erweist. Durch Annette Müller, die eine der sieben Szenen auch
inszeniert, kamen junge Schauspielerinnen und Schauspieler dazu. Und die haben richtig was drauf.
Die Szene aus „Zwei Schwestern“ von Theo Fransz mit Souad Lemdjadi und Hannah Walther ist
stimmig, anrührend, packend. Der junge Maximilian Heckmann stellt mit „Spassastrophe“ einen
selbst geschriebenen und inszenierten Text vor, eine fesselnde klaustrophobische Szene, die in einen Befreiungsschlag mündet. Neben Müller und Heckmann inszenieren Barbara Krehl, Angelika Rissler und Philipp Basler.
Nachdem der Freiburger Regisseur Said Mola das Theater im Gewölbe aufgab, um sich anderen
Projekten zu widmen, habe man sich entschlossen, zunächst aus eigener Kraft weiterzumachen
Nicht alles ist zu 100 Prozent geglückt an diesem Abend. Aber er ist spannend und ungewöhnlich,
fast schon radikal. Er zeigt, dass die Gruppe auch ohne Mola reichlich kreatives Potenzial hat.
Theater im Gewölbe: „Play“. Samstag und Sonntag, 28. und 29. November, jeweils 20 Uhr, im
Salmen.
Autor: rob
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