Großer Auftritt für ein Schwarzwaldmärchen: Regisseurin Annette Müller und Komponist Gerhard Möhringer-Gross haben »Das kalte Herz« zur großen Nummer gemacht – mit modernen Akzenten und der alten Weisheit, dass Geld nicht glücklich macht.
Bilderreich, verwunschen, aktuell: Regisseurin Annette Müller und Gerhard Möhringer-Gross, der das Libretto komponiert hat, machten das Musiktheater »Das kalte Herz« zu einem besonderen Erlebnis. Seine wichtigste Botschaft hat das Märchen von Wilhlem Hauff behalten: Geld macht nicht glücklich. Vielmehr, das betonte das schillernde Glasmännlein (Bärbel Krehl) immer wieder, macht es einen besonderen Dummkopf aus Peter Munk.
© Ulrich Marx
An gesprungenes Glas erinnerte das Bühnenbild zum Musiktheater »Das kalte Herz«.
Wie aufgezogen stakste Darsteller Marc Gert nach dem Handel mit dem Holländer Michel über die Bühne, unzufrieden meckerte er Dirigent Rolf Schilli an: Die Musik zu seiner Unterhaltung passte ihm nicht. Diese Kommunikation mit dem Jugendsinfonierochester zog Müller als zweite Ebene einige Male ein, was die Geschichte auflockerte.
Eher noch unbeseelt als herzlos »reichte« Peter Munk seiner Braut die Hand: Eine knappe Geste, was sich im ebenso kurzen »Ja« vor dem Altar wiederholte, während sie ihr warmherziges »Ich will«, sagte. Letztendlich rettete Munk die Liebe: Nachdem er seine freigiebige Lisbeth getötet hatte, erschien das Glasmännlein und er spürte, dass es Zeit zur Umkehr war.
Eine gelungene Überraschung war der starke Auftritt – im wahrsten Wortsinne – des Holländer Michel. Zwar setzt ihn das Ensemble zunächst aus verschiedenen Gliedmaßen zusammen, doch dann stapften seine schwarzen Stiefel herein. Über zwei Meter hoch, wurden die Ungetüme von Darstellern »gelenkt«, die sie immer schön voreinander setzten.
Verwunschener Wald
Großartig war die Bühnenkulisse, die so viele auszieh- oder klappbare Details enthielt, dass sie mal ein verwunschener Wald, mal das Lager der pochenden Herzen und mal einfach nur die sterile Wand von Peter Munks Fabrik war. Bühnenbildner Stephan Faust hat sie so kreiert, dass sie an gesprungenes Glas erinnerte.
Moderne Elemente brachte die teilweise saloppe Sprache mit Ausdrücken wie »geil« oder »Flitzer«, aber auch weitere Regieeinfälle wie die Smilies, die man aus der Internet-Kommunikation kennt. Stephan Haitz sorgte für 3-D-Animationen, mit denen beispielsweise das Herz ausgetauscht wurde. Die Kostüme von Monika Markert schwankten zwischen altertümelnd und Pop, Heike Busam engagierte sich als Maskenbildnerin.
Den Darstellern waren für das Musiktheater Sänger zur Seite gestellt worden: Bariton Jonas Eckenfels sang den Peter Munk, Sopranistin Lisa Freyhoff seine Frau Lisbeth. Dem Glasmännlein lieh Sopranistin Farya Moghimi und als der unheimliche Holländer Michel beeindruckte Bariton Markus Doll.
Die Premiere am Samstag und die Vorstellung am Sonntag waren ausverkauft. Der Jungen Theater-Akademie gelang es in Zusammenarbeit mit der Musikschule erneut, das Publikum zu fesseln und zu begeistern: Zwei Vorhänge, zu denen auch die Akteure hinter den Kulissen auf die Bühne kamen, bewiesen dies.
Autor:
Bettina Kühne Offenburger Tageblatt 5.1.2016
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