Annette Müllers Stück, das sich mit dem Thema Organspende befasst, feiert Premiere / Gabi Pfeil steuert ihre Erfahrungen bei.
Badische Zeitung vom 19.2.2014
OFFENBURG. Acht Jahre ist es her, dass Gabi Pfeil ein Spenderorgan erhielt. Die Operation fand in Hannover statt. Eine Stoffwechselerkrankung hatte die Leber der jungen Frau aus Hohberg massiv geschädigt. Ohne Organspende wäre sie heute nicht mehr am Leben. „Es ist mein Thema. Deshalb wollte ich unbedingt bei diesem Stück mitspielen“, sagt sie.
Mit „diesem Stück“ ist die neue Arbeit von Annette Müller gemeint, Theaterpädagogin, Autorin, Regisseurin, deren jüngste Inszenierungen – „Elsa – ich darf nicht sprechen“ und „Kauf dich glücklich, beide mit Amateurschauspielen und Schülern realisiert – mit Preisen bedacht wurden. Ihr aktuelles Stück, wieder mit Amateuren und Schülern erarbeitet, setzt sich mit dem Thema Organspende auseinander. Premiere ist diesen Donnerstagabend im Salmen.
„Es ist mein Thema. Deshalb wollte ich unbedingt bei diesem Stück mitspielen.“
Darstellerin Gabi Pfeil
„Es war Zufall“, sagt Annette Müller. Sie habe letztes Jahr in den Ferien das Buch „Leben“ von David Wagner in die Hand bekommen, und etwa gleichzeitig wurde ihr Anne Janssens Jugendbuch „Ein Funken Leben“ empfohlen. Beim Lesen entstand die Idee, Texte aus beiden Büchern zu einem Schauspiel zu vereinen. David Wagners Roman schildert Eindrücke, Begegnungen, Gedanken und Phantasien eines Menschen, der im Krankenhaus eine neue Leber bekommen soll. Der Stoff hat autobiographische Züge. Wagner selbst lebt mit einem Spenderorgan. Annette Müller hat Kontakt mit ihm aufgenommen und ihm von ihrer Idee erzählt. „Er hatte nichts dagegen“, sagt sie. Allerdings habe Wagner sich nicht vorstellen können, wie sein Roman für die Bühne umzusetzen sei. Aus dem Kontakt entwickelte sich eine ganz besonders spannende Konstellation: Auf Einladung der Buchhandlung Roth wird Wagner unmittelbar vor der Aufführung aus seinem Roman lesen. Danach wird Annette Müllers Produktion über die Bühne gehen.
Das Stück stütze sich vor allem auf den ersten Teil von Wagners Roman. Wie die Hauptperson, ein „Herr W.“, den Klinikalltag beschreibt, dabei über das Leben nachdenkt – das sei witzig und poetisch zugleich. „Und es sagt sehr viel über uns Menschen aus. Das hat mich fasziniert“, erklärt Annette Müller. Über die Verquickung mit Anne Janssens Buch verrät sie nichts: „Ich würde sonst die Spannung rausnehmen.“
Dass während der Proben Gabi Pfeil zur Gruppe stieß, empfindet die Regisseurin als Gewinn. „Gabi spricht offen über das Thema. In der Gruppe löst das eine große Nachdenklichkeit aus.“ Gabi Pfeil erzählt vom Warten, Monat um Monat. Für manche seien es Jahre, für viele komme die Spende zu spät. Angst vor der Operation habe sie nicht gehabt. Dazu sei es ihr viel zu schlecht gegangen. Auch das Dilemma der Organspende klammert die Hohbergerin nicht aus, nämlich dass des einen Tod dem anderen das Leben schenkt: „Mein Spender hat sich freiwillig für die Organspende entschieden“, sagt sie, „dafür bin ich dankbar.“ Sie wolle niemanden zu einem Organspende-Ausweis überreden. „Aber ich würde mich freuen, wenn mehr Menschen über das Thema nachdenken. Es nicht ausblenden, sondern sich informieren und Gedanken machen.“
Premiere Donnerstag, 20. Februar, 20 Uhr, Salmen, Lange Straße 52: David Wagner liest aus seinem Roman „Leben“, erschienen 2013 bei Rowohlt. Danach: Uraufführung von „Geschenktes Leben“.
Rob Ullmann
Schreibe einen Kommentar