Plopp, plopp, plopp und die Uhr Läuft

Water
Wie ein Schatz
leuchtet das Wasser
in den Plastikflaschen
Badische Zeitung , Februar 2008

Die Fachklasse Jugendtheater der Kunstschule Offenburg behandelt in ihrer Eigenproduktion „Water“ das Thema Klimawandel

OFFENBURG. „Water“ lautet eine Eigenproduktion der Fachklasse Jugendtheater der Kunstschule Offenburg, die am Dienstag im „Salmen“ Premiere hatte. Eine weitere Aufführung ist am 26. Februar geplant.

Am Anfang steht der Schriftzug „Water“ . Er geht auf der großen Leinwand unter. Wasserflaschen geben den Ton an. Sie hängen aufgereiht an einem Ständer. Nach jeder Szene hängt eine weniger. Vielfalt und Reichtum nehmen ab. Von der Decke fallen Wassertropfen auf die Bühne. Plopp,
plopp, plopp. Steter Tropfen höhlt den Stein. Ein Geräusch, das mahnend wirkt und zugleich Kälte erzeugt. Überall stapeln sich Plastikflaschenpaletten. Mehr Kulisse ist nicht. Alles andere besorgen Lichteffekte, Filmsequenzen und beklemmend unmelodiöse Tonfolgen.
Anderthalb Stunden dauert diese fünfte Eigenproduktion der Fachklasse Jugendtheater. Pausenlos, aber sehr wohl durchstrukturiert. Ein gliederndes Element ist die tickende Uhr, die vor jeder neuen Szene eingeblendet wird, der kleine Zeiger jedes Mal eine Stunde weiter. Man ahnt es schon: Am Ende wird es fünf vor 12 sein. Aber warten wir’s ab. Packende Monologe, überzeugend dargebotene Dialoge und Gruppenszenen sorgen für Abwechslung. Das Tempo nimmt zu: Ist es das unaufhaltsame Zusteuern auf die Katastrophe?
Regisseurin Annette Müller und ihre fabelhafte Truppe haben sich viel vorgenommen. Es geht darum, das Thema Klimawandel bühnentauglich zu machen. Sie haben das sehr gut gemacht. „Water“ ist eine gelungene Mischung aus Fakten und Fiktion, Drama und Spiel. Und Appell. Das Publikum im „Salmen“ wird direkt angesprochen. Dass es jeder Einzelne ist, der dazu beitragen kann, das Horrorszenario von schmelzenden Gletschern und steigenden Meeresspiegeln aufzuhalten — darin mündet der Abend. Gerade bei einem Jugendtheater dürfen es ruhig deutliche Worte sein.
Zehn Lebensentwürfe werden vorgestellt. Und rasch wird klar, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat. Vielleicht auch sein Paket. Etwa der 24-jährige Peter (Anthony Jendrossek), der an Krebs erkrankt ist und das nächste Weihnachtsfest wohl nicht mehr erleben wird. Oder die Prostituierte und Drogenabhängige Chantall (Vanessa Feyrer), die manchmal vom letzten Schuss träumt, weil das Leben Qual bedeutet. Es gibt den Prediger Wilhelm (Joshua Breitenreuter) und den Intellektuellen Eric (Timo Hilleke), der die Trägheit der Masse anprangert und dazu auffordert, aus der Pamperskonsumwelt aufzuwachen. Während für die stets telefonierende Karrierefrau Claudia (Souad Lemdjadi) die Geschäfte weitergehen, sorgt sich Sportfreak Fabio (Nepomuk Siebert) vorzugsweise um seinen Vorzeigekörper: „Man muss sich Zeit nehmen für Dinge, die einem wichtig sind.“ Der Autist David (Maximilian Heckmann) ist in der Lage, Wasser zu fühlen, Studentin Angelina (Luisa Riemer) fühlt eher, dass ihr der richtige Mann noch fehlt. Tim Buchhalter (Deniz Cinar) möchte möglichst viel Geld verdienen, seine Freundin Elena (Josephine Sommer) hat einen Friseursalon und schneidet die Haare auch mal umsonst, wenn die Kundin mittellos erscheint.
Sie alle wurschteln sich durchs Leben, kämpfen sich durch den grauen Alltag, sind mit sich selbst beschäftigt, auch wenn die Frage im Raum steht: „Was ist uns mehr wert? Unser Leben oder unser Luxus?“ Um 12 Uhr soll das Unwetter Offenburg erreicht haben. Noch wird beschwichtigt: „Es gibt keine Grund zur Panik.“ Die Uhr läuft. Nein, am Ende ist es nicht fünf vor 12. Die Zeit ist weiter fortgeschritten. Aber schauen Sie selbst.
Info: Eine öffentliche Vorstellungen am Dienstag, 26. Februar, 10.30 und 20 Uhr im „Salmen“ , Lange Straße 52. Weitere Schulaufführungen nach Absprache mit der Kunstschule, Telefon:0781/ 9364-320

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