Offenburg Szenenapplaus für »Story Offenburg« Zweite Auflage des Theaters im Bauwagen begeistert die Zuschauer / Heute weitere Aufführung

Der Bauwagen mit der gläsernen Front sorgt seit Donnerstagabend für Aufsehen auf dem Offenburger Marktplatz: Abends wird darin nämlich Theater gespielt. Wer hören will, was bei »Story Offenburg« gesprochen wird, braucht einen Kopfhörer.

Der leuchtende­ Bauwagen zieht die Blicke auf sich: Immer wieder bleiben Passanten kurz vor dem Zeltdach auf dem Offenburger Marktplatz stehen. Was ist da los im verglasten Bauwagen?

Genau, man kann es nur sehen, aber nicht hören. Nur wer den Eintritt bezahlt und leihweise einen Kopfhörer gegen ein Pfand austauscht, erfährt mehr. Zum Beispiel, was die Offenburger unter Freiheit verstehen. Die Seifenblasenmaschine auf dem Balkon anwerfen, etwa. Oder sich wohlfühlen – ein Flüchtling erklärt da die Zusammenhänge. Dass Existenzängste, aber auch Armut unfrei machen, wird nachhaltig thematisiert.

Witzige Fakten

Nicht fehlen darf natürlich »OG Free TV« mit Aenne Gifiz und Edeltraud Struwe. Die Umfrage und ihre Ergebnisse, wer die Offenburger gerne sein würden, wenn nicht sie selbst, zeigt weiterhin die witzigen Fakten der »Story Offenburg«-Erstausgabe, die etwas gekürzt, aber auch aktualisiert wurde. Aber »OG Free TV« geht auch mit der Zeit. Vor allem, wenn es um die Hühner geht. Da ist man auf der Höhe der Zeit – und bringt mit einem Seitenhieb Kritik an Trump, Erdogan und Le Pen an.

Die Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei und die Inhaftierung von vielen Journalisten bekommt dann auch eine eigene, aussagekräftig Szene. Da zittern selbst die Stäbe, die eigentlich das Gefängnisgitter andeuten sollen, vor Furcht. Und weil Schweigen immer eine ganz schlechte Lösung ist, werden auch die Namen der dort inhaftierten Autoren vorgelesen.

Auch Verantwortung

Der Bewegung »Pulse of Europe« setzt Regisseurin Annette Müller bei der Neuauflage­ ebenfalls ein Denkmal. Die »Free-TV«-Moderatorinnen schwenken die Europa-Fähnchen und weisen darauf hin, dass man im September unbedingt wählen gehen muss. Und zwar das Richtige. Was ist das? Die Frage wird von Irritation und einem Lächeln begleitet – sei’s drum, das Richtige eben…

Oder anders: Das Stück stellt klar, dass Freiheit auch immer im Zusammenhang mit Verantwortung gesehen werden muss. Wer nicht von selbst darauf kommt, bekommt es auch noch einmal ganz deutlich gesagt.

Wut bricht sich im Bauwagen ihre Bahn, als es um die Ungleichverteilung des Vermögens auf der Welt geht. Die Darsteller werden drastisch – und plastisch: Es ist, als von einem Kuchen mit 142 Stücken zwei Personen je fast die Hälfte bekommen – und die restlichen 98 »nur Krümel«. Dafür gab es, wie an anderer Stelle auch, Szenenapplaus für die Darsteller, die gar nicht hören konnten, dass man sie beklatscht.

Heitere Momente

Doch es gibt auch heitere Momente. Clowns, die necken, Tänzer, die ihre Körper zur Musik bewegen. Für das Sound­design zeichnet sich Christian Kessler verantwortlich, der damit Stimmungen unterstreicht und Akzente setzt.
Es ist das durch und durch Persönliche, das das Stück ausmacht. Es scheint gar, als sei nichts persönlicher als die Freiheit. Dass dazu noch bekannte Texte – wie der Song »Die Freiheit« von Georg Danzer, begleitet auf der Ukulele – aufgeführt werden, setzt die Szenen in einen größeren Rahmen.

Mit einem Lächeln

Und dann kommt die gute Nachricht: Freiheit vervielfältigt sich. So wie Glück – teilen ist gut. So kam es, dass die Zuschauer ihre Kopfhörer mit einem Lächeln im Gesicht wieder zurückgaben.
INFO: Weitere Aufführung heute, Samstag, 20.30 Uhr, auf dem Offenburger Marktplatz. Tickets im Bürgerbüro zehn/sieben Euro.
Autor:
Bettina Kühne

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