Doppelt besetzt – wie die Profis

206 Hauptschüler der Offenburger Eichendorff-Schule feilen an ihrem großen Plan: Romeo und Julia

In der Eichendorff-Schule krempeln die Schüler die Ärmel hoch: Während der Projekttage treiben sie die Vorbereitungen für ihr Bühnen-Projekt Romeo und Julia entscheidend voran. Im Juli ist Premiere.

Offenburger Tageblatt vom 18.01.2007

Offenburg. »Wir sind stolz auf das bisher Erreichte«, sagt Rektor Bruno Kühne. Drei Tage lang feilten seine 206 Hauptschüler an ihrem Jahresprojekt: Sie wollen am 21. Juli Romeo und Julia auf die Bühne bringen. Und zwar »ganzheitlich«, um als Brennpunktschule ein gemeinsames Erfolgserlebnis zu haben: vom Bühnenbild bis zu den Kostümen, vom Kartenverkauf bis zum Catering, vom Make-up bis zur Premierenfeier – alles organisieren die Schüler selbst.

Kulturchefin Susanne Asche betont die Einzigartigkeit des 44 000 Euro teuren Projekts: »Die Schüler erleben, was hinter einer solchen Produktion steht.« Sowohl im Theater Freiburg wie auch in Baden-Baden sammelten sie Eindrücke – hinter den Kulissen, versteht sich.

Deshalb läuft es auch ganz gut in der »Schneiderei«: Schön nach Farben sortiert, hängen die Kleider der beiden verfeindeten Stämme an den Rollgarderoben. Es wurde gebatikt, gemalt, gefärbt und dann mit Linolschnitten, Handmalereien und CD-Platten verziert.

Zufriedene Gesichter gibt’s auch in der Abteilung Make-up und Frisuren. Friseurmeister Andreas Drotleff hat den Mädchen das Wichtigste gezeigt. Fortan üben sie, Locken zu drehen und Mädchen auf männlich zu trimmen. »Hier müssen wir die Haare eng an den Kopf frisieren, damit sie wie ein Page aussehen«, erklärt eine Schülerin. Konstantin war Versuchskarnickel. Jetzt grinst er hinter einem gezwirbelten Schnurrbart hervor: »Ich bin nun Oberpage.«

Bedient werden Zuschauer und Akteure auch von der Catering-Gruppe. Die Jungs haben gesunde Kleinigkeiten zubereitet – mit nur einem Mädchen in der Küche. Alan (15) verrät das Lieblingsrezept: »Schinken-Wraps« (Pfannkuchen).

Damit auch zahlreiche Zuschauer kommen und ein Programm erhalten, muss die Plakat-AG aktiv werden. Der 13jährige Michael beispielsweise tüftelt an einem Din-A 4-Plakat, »weil am Computer sitzen und Schreiben Spaß machen«.

Im Keller probt die Schulband. Während das Jugendsinfonieorchester den musikalischen Part während der Aufführung übernimmt, ist Sigried Fleig mit der Band für die Premierenfeier da. »Wir spielen passende Liebeslieder, die das Spektrum von Freude und Leid in der Liebe zeigen.«

Krach machen auch die Jungs in der Werkstatt nebenan. Sie sägen verschiedene Bühnenelemente zu, schrauben sie zusammen, schmirgeln und bemalen. Josef Vollmer, der pensionierte Werklehrer, ist extra für diese Aktion an die Schule zurückgekommen: »Die Jungs von Klasse fünf bis neun haben toll mitgemacht.«

Dass die Sache prima laufen wird, wenn alle Mosaiksteine ineinandergreifen, ist abzusehen. Dafür sorgt auch Regisseurin Annette Müller, die im Probenraum mit den Schauspielern die 13. Szene einstudiert. Stefanie Feler liegt am Boden, kuschelt an eine rosa Decke. Die 14-jährige ist Julia. Ihre »Mutter« schwätzt auf sie ein, verspricht eine Heirat. Dann kommt der »Vater«, schimpft die widerspenstige Tochter.

Kristina Nei (15) ist gleich danach dran. Sie ist ebenfalls Julia und macht ihre Sache genauso gut. Auf der Bühne stehen dürfen im Juli beide, denn es gibt mehrere Aufführungen. Und damit 205 Schüler nicht enttäuscht sind, wenn einer krank wird, wurde vorgesorgt. Rektor Kühne erklärt: »Alle wichtigen Rollen wurden doppelt besetzt.«

von Bettina Kühne

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